Dienstag, 30. Dezember 2008

Pluralität und Homogenität als Erscheinungsformen des Religiösen in den USA

Ein kleiner Ausschnitt aus Jochens Praktikumsbericht:

Es gibt wohl kaum ein Land, in dem die Religion eine pluralistischere Erscheinungsform hat als in den USA. Meiner Meinung nach stellt letztlich jede organisierte religiöse Gemeinschaft in den USA eine Art protestantische Freikirche dar (die katholische Kirche ist dabei ausdrücklich eingeschlossen). Freikirche deshalb, weil jede religiöse Gemeinschaft vollständig für ihre eigenen Angelegenheiten zuständig ist und der Staat bei seinen Gesetzen nicht differenziert, ob es sich um einen hinduistischen Tempel oder eine methodistische Kirchengemeinde handelt. Protestantisch deshalb, weil sich durch die strikte Trennung von Kirche und Staat alle Religionsgemeinschaften als Gegenüber zu den staatlichen Institutionen organisieren müssen, aber so grundsätzlich auch eine kritische Position zur jeweiligen Politik einnehmen können.

Die christlichen Kirchen sind in den USA, ebenso wie sämtlich andere Vereinigungen (Moscheen, Synagogen usw.), Anbieter auf dem religiösen Markt. Auch die Deutsche Gemeinde in Washington D.C. muss sich mit ihrem bestimmten Profil in diese Marktsituation einordnen.
Diese Marktsituation führt zu einer großen Pluralität religiöser Erscheinungsformen. Ich möchte an zwei Beispielen dieses Phänomen deutlich machen. Meine Familie und ich haben während der vier Monate des Praktikums in Greenbelt gewohnt, einem kleinen Vorort von Washington D.C. mit ca. 20.000 Einwohnern. Sonntags hätten wir als „amerikanische“ Familie die Auswahl zwischen einem baptistischen oder einem methodistischen Gottesdienst in Greenbelt gehabt. Wir hätten uns aber auch der streng marianisch ausgerichteten katholischen Gemeinde am Ort anschließen können. Oder wir wären statt in den sonntäglichen Gottesdienst in die Sabbatfeier der reformiert-jüdischen Gemeinde am Freitagabend gegangen. Auch die Baha´í-Gemeinschaft am Ort wäre eine Alternative gewesen. Als Familie hätten wir uns wahrscheinlich die religiöse Gemeinschaft gewählt, in der wir uns am wohlsten gefühlt hätten. Oder aber wir hätten jegliche Art des Gottesdienstbesuchs sein gelassen und hätten den freien Vormittag am Sonntag „shoppend“ in der Mall verbracht.
Ein weiteres Beispiel zeigt die Pluralität der religiösen Gemeinschaften, aber auch gleichzeitig ihre Homogenität auf. Auf dem Weg zu einem Pastorentreffen der ELCA (Evangelical Lutheran Church in America) war ich mit dem Auto auf der Hauptstraße Richtung Fairfax unterwegs. Der Pfarrkonvent sollte in der Bethlehem Lutheran Church stattfinden. Die Kirche war direkt an der Hauptstraße gelegen, bot viele Parkplätze und war gut von der Autobahn zu erreichen. Dies alles sind wichtige Standortvorteile, denn Amerikaner sind es gewohnt zu ihrem Gottesdienst auch weite Strecken mit dem Auto auf sich zu nehmen. Diesen Standortvorteil nutzen auch noch ein weiteres Dutzend anderer Kirchen und religiöser Vereinigungen (So gibt es dort auf einer Strecke von vier Meilen die Little River United Church of Christ, die Fairfax Baptist Church, die New Hope Presbyterian Church, die Iglesia Bautista La Gran, die Chabad Lubavitch Synagog, die St. Matthews United Methodist Church, die Korean Methodist Church, die Highview Christian Fellowship Church, die St. Ambrose Catholic Church, die Barcroft Bible Church, die University Church of Christ, die Ambassador Bible Church, die Church of the Apostles und die Christian Science Church). Der Bau dieser Kirchen und Religionsgemeinschaften folgte der gleichen Logik wie der Bau der großen amerikanischen Restaurantketten, die sich ebenfalls in großer Anzahl und Vielfalt an dieser Hauptstraße niedergelassen haben.
Ebenso spielten diese Themen (gute Erreichbarkeit und ausreichende Parkplätze) bei der Anmietung eines Gottesdienstgebäudes für die Deutsche Kirchengemeinde eine entscheidende Rolle. Aus denselben Gründen hat übrigens die zweite deutschsprachige Gemeinde, die Vereinigte Kirche (Innenstadtlage und schwierige Parkplatzsituation), große Schwierigkeiten, neue Gemeindeglieder zu gewinnen.
Da sich die Pluralität auf der Ebene der Kongregationen abspielt, sind die Gemeinden selbst sehr homogen in ihrer Zusammensetzung. Vereinfacht gesagt: man geht dahin, wo man sich wohl fühlt und wohl fühlen tut man sich dort, wo die Menschen ähnlich denken, fühlen und glauben wie man selbst. Dies ist in den USA ein völlig normaler Vorgang und trifft für reformiert-jüdische Gemeinden genauso zu wie für liberal-episkopale.

Mittwoch, 24. Dezember 2008

Erfüllte Zeit




















Als Kind war der 24. Dezember immer der längste Tag des Jahres. Vom Aufstehen bis zur Bescherung dauerte es eine Ewigkeit. Der Gottesdienst an diesem Tag war auch immer dreimal so lang wie sonst. Am schlimmsten waren die Minuten, bevor wir als Kinder endlich ins Wohnzimmer durften. Ständig hörten wir an der Tür, ob nicht schon jemand Bescherung gerufen hatte.
Weihnachten hat im Kern ganz viel mit Warten zu tun. Warten auf die richtige Zeit. Warten, bis endlich das Glöckchen von drinnen zu hören ist und jemand Bescherung ruft.
Die ganze Weihnachtsgeschichte ist untrennbar verbunden mit dem Warten. Dem Warten auf die richtige Zeit. Gottes Zeit. Vor ca. 2000 Jahren stimmte alles in dieser Nacht. Menschen warteten. Die Engel auf dem Feld bei den Hirten verkündeten als erste die frohe Botschaft: "Euch ist heute der Heiland geboren". Viellecht konnte man dabei auch kleine Glöckchen hören.

Wir wünschen Euch allen ein gesegnetes Weihnachtsfest!

P.S. In diesem Jahr ist der Weihnachtsbaum ein bißchen kleiner und künstlicher ausgefallen als sonst... aber immerhin sind die Krippenfiguren aus echtem Holz!

Donnerstag, 18. Dezember 2008

Haaaaaalleluja!

Seit letztem Sonntag können wir ein weiteres Ereignis der Kategorie „Besonderes Erlebnis in Amerika“ in unserer Liste aufführen: Der Besuch des Gottesdienstes in der "schwarzen" The People´s Community Baptist Church. Eine Bekannte, die uns bei der Wohnungssuche geholfen hatte, hat uns mit in ihre Kirche genommen. Wir wussten schon, dass dort hauptsächlich dunkelhäutige Gläubige hingehen, dass wir aber tatsächlich fast die einzigen Weißen waren, war schon eine Überraschung. Und der Gottesdienst war genauso wie man sich einen afroamerikanischen Gottesdienst so vorstellt: Hauptsächlich sehr schick angezogene Männer und Frauen. Letztere ab einem gewissen Alter meistens mit Hut. Es gab einen riesigen Chor, alle in Kutte, mit dezenter Tanzchoreographie. Jeder einzelne Sänger hatte eine unglaublich gute Stimme. Die Musiker waren extra klasse, und natürlich gab es weit und breit keine Noten zu sehen, sondern es wurde alles improvisiert. Die Gemeinde schien auch wirklich gerne zu singen, denn das war eigentlich unsere Hauptbeschäftigung. Währenddessen gab es jede Menge „Amen“, „Halleluja“, „Yeah“ oder sonstige zustimmende Zurufe. Besonders die Predigt regte zur Meinungsäußerung an, und etliche hielt es nicht auf ihren Sitzen, da sie immer mal aufspringen mussten, um ihre Zustimmung zu bekunden. Der Prediger selbst redete sich so in Rage, dass wir uns gefragt haben, wann er wohl seine Stimme wieder gebrauchen kann. Gegen Ende der Predigt wurden die dramatischen Stellen noch spontan von Musik unterlegt. Wirklich still war es den ganzen Gottesdienst über nicht. Das alles wirkte ansteckend, weil man merkte, dass es authentisch war und sie ehrlich begeistert waren. Wir wurden wahnsinnig freundlich und herzlich begrüßt. Von so vielen wildfremden Menschen sind wir noch nie umarmt worden! Es gab sogar ein eigenes Willkommenslied für neue Besucher. Insgesamt waren wir fast drei Stunden in der Kirche und verließen sie mit einem fröhlichen Grinsen auf den Lippen. So sollte es doch eigentlich sein. Amen? Amen!

Dienstag, 9. Dezember 2008

Vereinigte Kirche

In den USA findet man immer wieder Spuren der Deutschen Einwanderer. Neben den beliebten „Oktoberfesten“ und dem „kindergarten“ sind es vor allem die Kirchen, die das Gefühl deutscher Heimat bewahrt haben. Besonders viele lutherische Gemeinden betonen deutlich ihre deutschen Wurzeln und einige bieten immer noch Angebote in deutscher Sprache an.
Die Vereinigte Kirche/United Church in Washington D.C. ist zwar keine lutherische sondern eine unierte Kirche, doch feiert sie alle zwei Wochen Gottesdienst in deutscher Sprache - seit 175 Jahren!
Diese Kirche ist wirklich eine Besonderheit. 1833 gegründet bot sie lutherischen wie reformierten Christen aus Deutschland Heimat. Im Laufe der Jahre wurde der englischsprachige Teil immer größer. Ebenso vereinigte man sich mit einer methodistischen Gemeinde und einer Gemeinde der United Church of Christ. Die rechtliche Konstruktion ist entsprechend kompliziert. Die Kirche liegt etwa 500 Meter vom Weißen Haus entfernt und direkt gegenüber der Weltbank. Die kircheneigenen Grundstücke sind entsprechend teuer und ermöglichen der Kirche ein gutes finanzielles Polster.
Jochen durfte an einem Sonntag einen Vertretungsgottesdienst in dieser Kirche halten. Neben einer großzügigen „Aufwandsentschädigung“ war es vor allem eine große Ehre für ihn, in einer der ältesten deutschsprachigen Gemeinde in den USA zu predigen.

Freitag, 5. Dezember 2008

Inauguration day

Vor dem Weißen Haus beginnen jetzt schon die Aufbauarbeiten für die Amtseinführung von Barack Obama am 20. Januar 2009. Über drei Millionen Menschen werden zu diesem Ereignis erwartet. Mehr als jemals zuvor. Diese Feierlichkeit wird wahrscheinlich sogar die Amtseinführung von Papst Benedikt XVI. in den Schatten stellen.
Aus diesem Anlaß hat die Stadt Washington viele Beschränkungen aufgehoben. So darf an diesem 20. Januar die ganze Nacht durchgefeiert werden und auch die Apartments in der Innenstadt dürfen ohne Einschränkungen für diese Zeit weitervermietet werden - für teilweise astronomische Summen.
Leider werden wir die Amtseinführung nur vom Fernseher aus in Deutschland verfolgen können. Am 2. Januar geht es für uns schon wieder zurück.

Colorado

Für Steffi eines der schönsten Erlebnisse hier in Amerika bisher war der Besuch der ganzen Familie in Niwot, Colorado, in der letzten Woche. Vor 16 Jahren hatte sie dort bei den Ahlgrims ein Auslandsjahr verbracht und der Kontakt ist seitdem erhalten geblieben. Jochen konnte für eine Woche aus Washington raus, auch wenn er aus der Ferne noch arbeiten musste, so dass wir die Möglichkeit hatten, an jedem Tag ein typisch amerikanisches Erlebnis mitzumachen.
Los ging's mit Thanksgiving. Das Schöne daran ist, dass es mal nicht um Geschenke und Konsum geht, sondern um das Beisammensein der Familie - und natürlich ein leckeres Essen. Traditionell gibt es Turkey mit Stuffing, also gefüllten Truthahn, mit selbstgemachtem Kartoffelbrei und Soße, dazu ein Grüner-Bohnen-Auflauf, Cranberrysoße und Sweet Potatoes mit Marshmallows (!). Letzteres ist noch nicht der Nachtisch. Den gab's etwas später: drei Sorten Pie. Alles unglaublich lecker!
Nach Thanksgiving beginnt die Weihnachtssaison. Uns kam die ehrenvolle Aufgabe zu, den Weihnachtsbaum aus Plastik zu schmücken - nachdem wir ihn mit Gebrauchsanleitung im Baukastensystem zusammengesetzt hatten! Dabei kam auch Steffis ungeliebtester Baumanhänger von damals zum Einsatz: Kermit der Frosch auf einem Schlitten! Das konnte (und kann) sie noch immer nicht mit ihrem weihnachtlich-ästethischem Empfinden in Einklang bringen!
Außerdem stand ein Ausflug nach Estes Park in den Rocky Mountains auf dem Programm. Wir besuchten am Sonntag sogar zweimal den Gottesdienst (Alan Ahlgrim ist Pastor und hat gerade eine zweite Kirche eröffnet) und waren schließlich auch noch bei der Familie von Steffis Schwägerin Lauren eingeladen. Letztere war sogar auch gerade in Colorado, so dass es ein schönes Wiedersehen mit der ganzen Familie und vor allem der beiden Cousins gab. Lukas ist nur sechs Wochen älter als Sophia, so dass es immer besonders spannend ist, wenn die beiden aufeinander treffen.
Ansonsten haben wir es sehr genossen, uns mit den Ahlgrims am (künstlichen) Kamin zu unterhalten und alte Bekannte zu treffen. Sophia hat sich sichtlich wohlgefühlt, hat die Küche etwa 23x ausgeräumt und ist ständig mit einem fröhlichen Prusten durch das Haus geschossen. Eine wirklich tolle Woche im wunderschönen Colorado!



Zwei ganz neue Erfahrungen für Sophia: Reiten und Schnee. Von beidem war sie nicht wirklich begeistert!

Dienstag, 2. Dezember 2008

Museumstour

Wie viel Geld kostet wohl in Washington, der Hauptstadt der USA und Zentrum des Kapitalismus, der Besuch der wichtigsten Museen der Stadt? Ca. 12 Dollar wie im Louvre? Etwa 14 Dollar wie auf der Museumsinsel in Berlin? Alles falsch. Einige der eindrucksvollsten Museen und Galerien der USA (z.B. National Gallery of Art, National Gallery of Modern Art, National Air and Space Museum, National Museum of Natural History, National Musum of American History) kosten – NICHTS!
Möglich wird das durch das Smithsonian-Institut, einer privaten Stiftung, dir vor mehr als 150 Jahren gegründet wurde und deren Stifter Geld für diesen Zweck zur Verfügung gestellt hat.
Man fährt einfach zur Mall, der großen Grünfläche im Zentrum der Stadt, an der auch das Kapitol liegt, und sucht sich eines der Museen aus. Nach einem kurzen Sicherheitscheck kann man sich in aller Ruhe (z.B. in der National Gallery of Art) die großen Vertreter des französischen Impressionismus (Monet, Manet u.a.) aus nächster Nähe betrachten. Für Kinder jeglichen Alters ist das National Air and Space Museum auf der gegenüberliegenden Straßenseite faszinierend. Dort kann man sich die Mondlandefähre in Originalgröße anschauen, durch die Weltraumstation MIR spazieren oder einen Rundgang durch die Geschichte des Fliegens machen.
Bei dieser Gelegenheit hat Jochen auch die Pfalz entdeckt: Ein von den Amerikanern zur Reparation erhaltener Doppeldecker, der 1918 in Speyer hergestellt wurde und in vielen Hollywoodproduktionen zum Einsatz kam. Ein weiteres Beispiel für berühmte, aber leider nicht als Pfälzer bekannt gewordene Prominente!

Donnerstag, 27. November 2008

College-Football

Als Jochen noch an der Uni Mainz für eine Saison Football gespielt hat, ging es beim Spiel vor allem um das fünfte Quarter - in der Kneipe. Beim Uni-Football in Amerika ist den Spielern noch nicht mal erlaubt, überhaupt Alkohol zu trinken. Und auch sonst beschränken sich die Ähnlichkeiten im Grunde auf das „Football-Ei“ und das Regelwerk.
Durch einen Bekannten in der Deutschen Gemeinde kamen wir an Spielertickets des Footballteams der University of Virginia, waren beim Spiel ganz nah dran an der Mannschaftszone und konnten uns nach dem Spiel noch mit Yannick ein wenig unterhalten. „Professioneller als die Bundesliga“, so der Kommentar von Yannick, der nun das zweite Jahr als Kicker im Footballteam der University of Virginia spielt (als ehemaliger Fußballer ist er ein gefragter Kick-off Spieler - wir verzichten an dieser Stelle auf weiter Erklärungen der Footballregeln...)
Den Footballern an der Uni wird einiges abverlangt. Yannick hat sechs mal in der Woche vier Stunden Training, in der Saison jedes Wochenende ein Spiel und dazu ein Vollzeitstudium an der Uni. Aber der Gegenwert lässt sich auch sehen. Kostenfreies Studium (bei 35.000 Dollar Studiengebühr im Jahr ist das eine ganze Menge Geld). Dazu sind Kost und Logis komplett frei. Zu den Spielen wird man grundsätzlich nur in der Buisness-Class geflogen und direkt vom Flughafen am Rollfeld mit dem Mannschaftsbus abgeholt. Übernachtet wird nur in fünf Sterne Hotels - übrigens auch bei Heimspielen, um zu verhindern, dass die Spieler abends noch um die Häuser ziehen und trinken.

Es geht um viel Geld beim College Football. Die Football-Ligen der Unis in den USA sind nach der NFL die populärsten und die Spiele werden vom Fernsehen live übertragen. Die Mannschaften sind sehr bedeutend für das Selbstverständnis der Universitäten und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Studenten. Besonders wenn dabei alte Rivalitäten gepflegt werden können (z.B. Yale gegen Harvard). Dass sich ein Zugehörigkeitsgefühl auch über das eigene Studium hinaus für die Uni durchaus lohnt, konnten wir vor Ort in Charlottesville erfahren. Die University of Virginia baut nämlich zur Zeit für 125 Millionen Dollar eines neues Basektballstadion - allein aus Spenden von Ehemaligen finanziert!

Freitag, 21. November 2008

Gewissen und Terrorismus

Wenn man sich eine zeitlang in Washington aufhält und regelmäßig die Infomails der Bildungsinsitute durchliest, bekommt man mit der Zeit ein schlechtes Gewissen. Es gibt so viele interessante Veranstaltungen in der Stadt, dass man sie gar nicht alle besuchen kann.
Jetzt hat es allerdings mal terminlich geklappt und Jochen war bei einer englischsprachigen Diskussion des Goethe-Institus mit dem ehemaligen Chefredakteur des Spiegels Stefan Aust und dem „Director of the Center on United States and Europe at the Brookings Institution“ Daniel Benjamin. Thema war natürlich der Terrorismus in den 70er Jahren und heute.

Vor etwa 50 Leute entwickelte sich eine interessante Diskussion zwischen den beiden Männern. Für Aust gibt es ganz klar Parallelen zwischen dem politischen Terrorismus der RAF und dem religiösen Terrorismus Al Qaidas. Beide Strömungen verfolgten politische Utopien und würden bewusst menschliche Opfer in Kauf nehmen. Den Einwand Benjamins, dass die RAF ja weitaus weniger Menschen umgebracht hätte, ließ Aust nicht stehen. Bei den Gewalttaten der RAF sei eindeutig eine Entwicklung zu sehen. Während sich am Anfang die Gewalt nur gegen Sachen und Gebäude richtete, schreckte man am Ende auch nicht vor einem möglichen Massenmord (Landshut) zurück.
Aust betonte, es gäbe große Ähnlichkeiten zwischen Statements von Sawahiri und den Schreiben der RAF. Wenn man Allah herausstreichen würde, bliebe eine sozialrevolutionäre Erklärung im Stile der RAF übrig. In gewisser Weise religiös war der Terror der RAF auch, weil sie an eine Sache glaubten, die größer war als sie selbst. Im Glauben an die Revolution nahmen sich Baader und Co in Stammheim das Leben.

Die Faszination für das Thema RAF übt für Benjamin nicht ihre terroristischen Attentate aus, sondern wie die deutsche Gesellschaft auf dieses Phänomen reagiert hat.

Für Aust hat Terrorismus vor allem mit Kommunikation zu tun. Der 11. September hätte dies deutlich gemacht. Die Terroristen warteten bis das erste Flugzeug in den Tower flog und ließen das zweite erst in das Gebäude fliegen, als CNN schon längst zugeschaltet war.
Auch die RAF benutzte die Anschläge als Botschaft an die eigene Bevölkerung. Sie wollten die Welt erschrecken und die eigene deutsche Bevölkerung beeindrucken.

Am Ende konnte Jochen noch die Frage stellen, ob Aust denn einen Zusammenhang sähe zwischen dem protestantischen Hintergrund vieler Terroristen (Ensslin war Pfarrerstochter aus Schwaben!) und ihrer Entscheidung für die Anwendung von Gewalt. „Das strenge Gewissen“ war seine Antwort.

Die ganze Veranstaltung wurde von NPR aufgezeichnet (dem öffentlichen Sender der USA, der Deutschlandfund und SWR2 Kultur weit hinter sich lässt) und kann im Internet nachgehört werden.

Dienstag, 18. November 2008

Sophia

Mittlerweile hat Sophia das stolze Alter von 13 Monaten erreicht, und seit unserer Ankunft hier in den USA hat sie sich enorm weiterentwickelt. Das Laufen geht langsam ins Rennen über, sie passt nicht mehr aufrecht unter dem Tisch hindurch, der Kinderwagen dient hauptsächlich als Turngerät, sie kann aus ihren Spielbechern fast alleine einen Turm bauen und spielt ihr Glockenspiel wie eine Großmeisterin. Da wir ja vermuten, dass die meisten Leute den Blog nicht wegen Steffi oder Jochen aufrufen, kommt ihr nun in den Genuss einiger Bilder von Sophia.



Regen – die Lizenz zum Kuscheln!







Seit Marius wieder abgereist ist, findet sich nur noch selten jemand, der sie durch die Gegend schiebt. Der eine ist nicht da, weil er arbeiten muss und die andere ist zu dick und schwerfällig, um sich zu bücken.




Zunge rausstrecken ist lustig – vor allem bei fremden Leuten!





Ein bisschen gruselig findet sie den Kriechtunnel schon noch. Aber der Tennisball ist das Abenteuer auf jeden Fall wert.



Tiere üben eine besondere Faszination auf Sophia aus. Warum sie sich allerdings das Hinterteil zum Streicheln ausgesucht hat, hat sie uns nicht verraten. Wahrscheinlich kennt sie den Unterschied noch nicht.

Besuch

Nun sind sie alle wieder weg – unsere Gäste der letzten Wochen. Zuerst kamen Steffis Eltern, dann trafen wir Sophias Patentante Sonja und ihren Bruder Marius in New York und nahmen sie mit nach Washington und letzte Woche beehrte uns schließlich noch Jochens Mutter. Jochen musste leider die meiste Zeit arbeiten, aber für Steffi waren diese Wochen eine besondere Zeit. Ausgestattet mit jeweils einem Mietwagen bestand die Möglichkeit, aus Greenbelt heraus zu kommen und die Stadt endlich mal richtig kennen zu lernen. Und das haben wir ausführlich getan wie die Bilder beweisen (die Bilder von Jochens Mutter folgen noch).
Vielen Dank Euch fünf für die Schokolade (der Vorrat ist schon fast wieder aufgebraucht!), die Mitbringsel für Sophia, die Unterhaltungen, Eure Unkompliziertheit und die tatkräftige Unterstützung mit Sophia.
Und falls es da draußen jemanden gibt, der in der Vorweihnachtszeit nichts zu tun hat: Unser Gästezimmer ist noch frei!

Mittwoch, 12. November 2008

Mini Walk

Amerika ist die Hochburg kreativer "Geldsammelmöglichkeiten" zu Neudeutsch auch Fundraising. Eine Möglichkeit durfte Jochen jetzt an der Deutschen Schule mitorganisieren - einen "Mini Walk".
Insgesamt haben 65 Schülerinnen und Schüler der fünften, sechsten und siebten Klasse an dieser "Demonstration" für obdachlose Menschen teilgenommen. Vorher gab es im Unterricht eine vorbereitende Einheit zum Thema Obdachlosigkeit. Danach sind wir laut demonstrierend über das Schulgebäude gezogen. Die Kids hatten großen Spaß und haben andere und sich selbst auf das Problem von Armut und Obdachlosigkeit aufmerksam gemacht.











Zur Erklärung: Die Fannie Mae Stiftung (nein, die sind noch nicht pleite...) veranstaltet jedes Jahr einen sogenannten Walkathon zugunsten obdachloser Menschen. Im Schnitt machen dort mehrere zehntausend Menschen in Washington mit. Gemeinnützige Organisationen, die sich in diesem Bereich engagieren, können für diese Veranstaltung Läufer gewinnen. Für jeden Läufer zahlt die Fannie Mae Stiftung einen bestimmten Betrag an diese wohltätige Organisation. In unserem Fall ist dies CFLS (Community Family Life Services), eine diakonische Einrichtung, an der die Deutsche Evangelische Gemeinde beteiligt ist.
Als Rahmenprogramm für den großen Walkathon gibt es für Schulen und Jugendgruppen die kleinere Ausgabe dieser Großveranstaltung - die sogenannten Mini Walks.

Donnerstag, 6. November 2008

Ein großer Verlierer

Die eindrucksvollste Rede in der Wahlnacht kam nicht von Obama sondern von McCain. Selten hat man von einem Wahlverlierer fairere und ehrlichere Worte vernommen. Trotz der vereinzelten Buhrufe enttäuschter Republikaner lobte McCain seinen politischen Rivalen und gratulierte ihm zu seinem Sieg. Wahrscheinlich war dieser Präsidentschaftswahlkampf der bisher härteste und verlangte von beiden Kandidaten unglaubliche Anstrengungen ab – McCain behielt in der Niederlage eine Größe, die ihres gleichen sucht.
Diese Wahl war, nicht nur durch die riesige Wahlbeteiligung, eine große Demonstration der Demokratie und ein leuchtendes Beispiel für die Welt. Sollte in Deutschland im Bundestagswahl 2009 nur ein Bruchteil dieser Begeisterung für die Demokratie herüberschwappen, es könnte uns nur gut tun.

Dienstag, 4. November 2008

4. November

Heute liegt über dem ganzen Land eine ungeheure Anspannung. Alle Sender sind auf den 4. November und den Ausgang der Wahl konzentriert. Jochen hatte sich immer beschwert, dass an seinem Geburtsdatum nichts weltpolitisch Spannendes passiert wäre. Dem ist nun anders. Die ersten Ergebnisse für die einzelnen Staaten werden nach 6 Uhr Eastern Time bekannt gegeben (24 Uhr MEZ). Jochens Geburtstag werden wir heute im New Deal – Cafe in Greenbelt feiern. So haben wir gleichzeitig nicht nur eine Wahl- sondern auch Geburtstagspartylocation.

Preacher O.

Eine phantastische Rede – eine unglaubliche Begeisterung.
Vier Stunden Autofahrt, davon allein drei nur im Stau, ein 45 Minuten Fußmarsch zum Veranstaltungsort, weitere 45 Minuten Warten und Frieren und vier Stunden Schlaf in der Nacht - die letzte Wahlkampfrede Obamas in Manassas/Virginia war es wert. Mehr als 100.000 Menschen waren dabei als Obama gegen 22:30 Uhr (Amerikaner liegen zu dieser Zeit normalerweise schon im Bett!) mit seiner Rede anfing.
Obama verzichtete komplett darauf, seinen Gegner McCain zu diffamieren oder herabzuwürdigen. Stattdessen stellte er noch einmal die Wichtigkeit dieser Wahl und die innere Größe der Vereinigten Staaten dar. Wie ein Prediger gelang es ihm durch kleine Geschichten die Menschen emotional anzusprechen und mitzureißen. Nach der Rede fingen sogar einige Leute an zu tanzen, so sehr schwappte die Begeisterung über.
Solch eine Veranstaltung erlebt man wohl nur einmal im Leben.

Samstag, 1. November 2008

New York, New York


Wir waren von Dienstag bis Freitag in der Stadt, von der Sinatra singt, dass sie niemals schläft. Dies konnten wir kleinkindbedingt nicht verifizieren, doch beeindruckend war es trotzdem. Zusammen mit Sophias Patentante und ihrem Bruder machten wir die Stadt "unsicher". Manhattan muss man einfach selbst erlebt haben, um einen Eindruck von der Größe dieser Wolkenkratzer zu gewinnen. Der Blick aus dem Central-Park auf die Häuserfront an der Fifth-Avenue war für uns nur surreal.
Surreal war auch das Woody-Allen-Sandwich, dass sich Jochen in einem bekannten (und gar nicht mal so teuren) jüdischem Restaurant bestellte. Eigentlich hätte uns schon die Frage des Kellners, "are you sure?", stutzig machen sollen. Doch ein richtiger Mann stellt sich der Herausforderung. Nach einer Stunde hatte Jochen allerdings den Kampf gegen das 750 Gramm schwere (obgleich koschere) Rindfleischsandwich vernichtend verloren...

Nachdenklich hat uns die große Lücke von Ground Zero gemacht. Hier wird zur Zeit kräftig gebaut. Auch wenn dort demnächst der Freedom-Tower stehen wird, stößt man doch immer wieder auf den 11. September, sei es durch Gedenktafeln für die getöteten Feuerwehrleute oder durch persönliche Geschichten. Bei einer Taxifahrt erzählte der Fahrer Jochen, dass seine Frau an diesem Tag nur unweit des World-Trade-Centers gearbeitet hat. Aus seiner Erzählung war auch nach sieben Jahren noch die Angst dieses Tages abzuspüren.

Am Donnerstag waren übrigens Deutsche die Stars des Tages. Tokio-Hotel waren für ihr letztes Konzert am Broadway. Wir wunderten uns schon vom Weiten, warum eine so große Anzahl von minderjährigen Mädchen, recht auffällig geschminkt und gekleidet, hinter langen Wegbegrenzungen wohl schon seit Stunden froren. Jochen fragte vorsichtig nach. Plötzlich brach ein lautes Geschrei aus, als Jochen ihnen erzählte, dass er aus Deutschland ist.
Vor ein paar Monaten gab es einen Artikel in der Zeitung, dass durch die Welttournee von Tokio-Hotel das Interesse an der deutschen Sprache unter Minderjährigen im Ausland stark zugenommen hat. Vielleicht nicht das Schlechteste!

Montag, 27. Oktober 2008

God is a Protestant

Die Deutsche Gemeinde hat an diesem Sonntag das Reformationsfest zusammen mit der Pilgrim Lutheran Church gefeiert. Mitgewirkt am Gottesdienst hat der Chor des Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums aus Eppelheim bei Heidelberg. Während sich die beiden Pfarrer der Gemeinde die Liturgie teilten, durfte Jochen als Vikar die Predigt halten. Die Herausforderung diesmal waren nicht die 250 Gottesdienstbesucher, sondern die Tatsache, dass die Predigt auf Englisch war.
Jochen sprach zu dem Thema, was es bedeutet, ein Protestant zu sein. Als Pfälzer ist er da natürlich für eine solche Frage prädestiniert. Schließlich ist der Wahlspruch der Landeskirche „protestantisch, pfälzisch, profiliert“. Dass zu einem Protestanten allerdings noch mehr gehört als einfach nur „palatinan by nature“ zu sein, kann man hier nachlesen.

Utopia


In Greenbelt fand diese Woche zum vierten Mal das Utopia Film Festival statt. Der Name des Festivals ist schon ein guter Hinweis auf die Art der Filme, die vorgeführt wurden. Es ging vor allem um alternative Ideen und Lebenskonzepte.
Am Freitag wurde auch ein richtiger Preis verliehen: der Utopia Vision Award. Geehrt wurde mit diesem Preis der Film, der am besten die Ideale einer positiven und progressiven Gemeinschaft reflektiert. Der Siegerfilm „At Home in Utopia“ drehte sich dann auch um ein kooperatives Apartmenthaus in New York (inklusive Fabrikarbeitern, Immigranten und Kommunisten).
Erwähnenswert ist der Film „The meaning of Tea“. Die Dokumentation beschäftigt sich mit der Frage, welche Bedeutung Tee für verschiedene Menschen in verschiedenen Teilen der Erde hat. Ähnlich wie ein gemütlicher Sonntagnachmittagstee ließ sich der Film sehr viel Zeit für Beobachtungen und Gespräche. Es gab wunderschöne Landschaftsaufnahmen, interessante und humorvolle Interviews mit Menschen aus Japan, England, Marokko, Frankreich und den USA zum Thema Tee und Teegenuss. Als Deutscher hätte man sich natürlich auch einen Beitrag norddeutscher Teekultur gewünscht…

Samstag, 18. Oktober 2008

Joe the Plumber...

...haben wir heute nicht getroffen auch nicht Sarah Palin. Dafür haben wir aber McCain live gesehen und gehört. Wir waren heute bei einer Wahlveranstaltung der Republikaner in Virginia. Für die 20 Minuten Rede von McCain standen wir etwa 2 Stunden in einer langen Schlange mit ca. 4000 anderen rotgekleideten McCain-Anhängern.

Was uns sehr überrascht hat - ganz viele Familien mit ihren Kindern waren da. Die Stimmung war locker. Im Gegensatz zu deutschen Wahlveranstaltungen ging es sehr friedlich und ruhig zu. Zwar waren auch vereinzelt Obama-Anhänger da, doch man diskutierte und ließ sich ansonsten in Ruhe. Von irgendwelchen Ausschreitungen, von denen man in den letzten Tagen in der deutschen Presse lesen konnte, war nichts zu spüren. Amüsant waren einige Gespräche, die wir in der Schlange mitbekommen haben. Eine Frau erklärte ihren Kindern, warum man für McCain und gegen Obama sein müsste. Obama, erzählte sie, würde für Sozialismus stehen und McCain für den Kapitalismus. Auf die Nachfrage ihres Kindes, was das denn sei, antwortete sie, daß Obama den reichen Menschen ihr Geld wegnehmen und es den Armen geben würde und das sei nicht gut für das Land...

Die Rede McCains unterschied sich dann auch nicht von dem, was er in den letzten drei Fernsehdebatten schon x-mal erzählt hat. Man war natürlich sauer, daß sich immer mehr Medien auf die Seite Obamas geschlagen haben. Ein kleiner Eindruck von der Veranstaltung sollen das kurze Video und die Bilder geben. Ein großer Unterschied zu Deutschland sind die Sicherheitsvorkehrungen vor dem Einlass. So wurde Sophias Wickeltasche sehr gründlich durchsucht und jedes elektronische Gerät auf seine Funktionsfähigkeit überprüft (es könnte ja auch explodieren). Das Prozedere kennen wir ja mittlerweile vom Flughafen. Einzig die Scharfschützen auf den Dächern waren neu für uns.

"Impressionen" von Sophias 1. Geburtstag

Dieses Jahr haben wir Sophias Geburtstag einen Tag später gefeiert, da Jochen am Dienstag erst spät zu Hause war und die Großeltern noch vom Flughafen abholen musste. Wahrscheinlich wird Sophia uns das irgendwann mal vorhalten. Sie hatte aber trotzdem Spaß, wie die Bilder beweisen...

Mittwoch, 15. Oktober 2008

Die Deutsche Gemeinde

Ausgestattet mit einem großen Pfarrhaus in Potomac, einer der teuersten Wohngegenden der USA, und dem im Untergeschoß untergebrachten und im letzten Jahr neu gebauten Gemeindesaal, bietet die Deutsche Evangelische Gemeinde in Washington eine gute Basis für eine herausfordernde und spannende Gemeindearbeit. Eine eigene Kirche hat die Gemeinde nicht und teilt sich deshalb am Sonntag das Kirchengebäude mit einer lutherischen Gemeinde in Bethesda. Zur Zeit gehören 250 Mitglieder zur Deutschen Gemeinde.
Für die vielen volkskirchlich geprägten Deutsche ist es eine große Umgewöhnung, plötzlich für das Gehalt des Pfarrers sowie sämtliche weiteren Unkosten aufzukommen. Die Gewöhnungsphase ist jedoch sehr kurz, weil die Gemeindeglieder sofort sehen können, wohin ihr Geld fließt.

Wer auf diese Weise direkt Geld für die Gemeinde bezahlt, hat natürlich auch hohe Erwartungen an den Pfarrer. Entsprechend anspruchsvoll ist auch das Auswahlverfahren. Bei der Wahl des derzeitigen Pfarrers wurden aus mehr als 50 Bewerbungen drei Kandidaten ausgewählt, die jeweils für eine Woche nach Washington (inklusive Gattin!) eingeladen wurden. Es galt, eine Probepredigt zu halten und verschiedene offizielle Termine (Weltbank, Deutsche Botschaft usw.) zu meistern.
Pfarrer Dr. Martin Mencke ist seit 2004 „unser Mann in Washington“ - so zumindest kann man es in dem EKD-Pressearchiv lesen. Die Beschreibung ist durchaus zutreffend. In der Gemeinde sind viele Mitarbeitende von Weltbank und deutscher Botschaft sowie deren Angehörige engagiert. Insofern ist der Pfarrer hier schon in gewisser Weise der Botschafter der EKD in der amerikanischen Hauptstadt.

Die Gemeinde hat ebenfalls eine hohe Erwartung an den Gottesdienst und vor allem an die Predigt. Hier gilt es, intellektuellen Anspruch und geistlichen Tiefgang zusammenzubringen. Obwohl es sich Jochen nicht eingestehen wollte, war er vor seiner ersten Predigt sehr aufgeregt. Es hat ihn doch sehr beeindruckt, dass zur Gottesdienstgemeinde beispielsweise Leute wie der 94jährige Baron von Oppenfeld, ehemaliger Adjutant bei Graf von Stauffenberg, oder der zukünftige Schweizer Botschafter in Simbawe gehören.
Auf jeden Fall ein spannendes und hochinteressantes Lernfeld!

Liturgisches Singen

Am Sonntag hatte Jochen seinen ersten kompletten Gottesdienst in der Gemeinde zu halten. Da man sich hier an die lutherische Agende hält, kam Jochen in den Genuss, liturgisch Singen zu müssen (dürfen). Wir verzichten hier mal auf Tonaufnahmen, aber er hat das ganz gut gemeistert. Obwohl er als Pfälzer ja nur "edelste Simplizität" in der Gottesdienstgestaltung gewöhnt ist.

Freitag, 10. Oktober 2008

Wahlkampf

Amerika steht kurz vor der Wahl und selten war Politik so spannend. Wer sich einen Überblick verschaffen möchte, sollte unbedingt die letzten Folgen von Saturday Night Live anschauen. Dieser Clip zählt dabei sicherlich zu den Besten.

Dienstag, 7. Oktober 2008

Große Hausführung

Nein, wir sind nicht in ein größeres Haus umgezogen. Aber am Sonntag konnten wir an einem Ereignis ganz besonderer (amerikanischer) Art teilhaben, denn wann hat man schon mal die Gelegenheit ein Haus zu besichtigen, das geschätzte 20 Millionen Dollar wert ist? Privathaus versteht sich! Eine Kirchengemeinde in Potomac hatte zu einer Country House Tour geladen, wo man an einem Wochenende einen Blick in vier verschiedene Privathäuser außerordentlicher Größe werfen durfte. Der Erlös der Aktion wurde für einen guten Zweck gespendet (man kann sicherlich die ethische Frage stellen, ob es nicht grotesk ist, wenn reiche Leute ihre Häuser öffnen und der „Mob“ Eintritt zahlt, um sich dann eine 20 Quadratmeter Toilette anzuschauen....aber spannend war es trotzdem).
Das Ganze sah dann so aus, das man zu den Häusern gefahren ist und in jedem Raum auf eine Freiwillige traf, die einem erzählte, von wem der Tisch ist, wer den Kamin gearbeitet hat und woraus die Spüle besteht. Wir kannten davon nicht einen einzigen Namen. Sehr beeindruckend waren die Flatscreens jeglicher Größe, die sich in jedem Raum befanden (sogar in der Wäschekammer!). Ansonsten gab’s natürlich alles, was man sich so vorstellt: ein Billardzimmer, einen Fitnessraum, Sauna und Pool brauchen wir gar nicht erst erwähnen, wunderschöne Terrassen, die passenden Oldtimer und Harleys dazu und Wahnsinns Küchen mit allem technischen Schnischnack, den man sich vorstellen kann.
Die Krönung war allerdings das letzte Haus: 30 Zimmer, davon in etwa die Hälfte Badezimmer, vier Küchen, acht Garagen, ein Guesthouse und das Ganze für zwei Personen! Schätzungsweise passt unser komplettes Badezimmer in eine der Duschen des Hauses und unser komplettes Haus in eine der Garagen.
Leider durften wir in den Häusern keine Fotos machen, aber stellt Euch das Ganze mit dem typischen amerikanischen Kitsch ausgestattet vor – manche geschmackvoller eingerichtet als die anderen. Sich so was mal anzuschauen hat super Spaß gemacht. Ansonsten leben wir aber weiterhin gerne in der kleineren Ausgabe eines Hauses!

Montag, 6. Oktober 2008

Edel



Wir waren am Freitagabend beim Empfang der Deutschen Botschaft in Washington D.C. anläßlich des 3. Oktobers eingeladen. Durch gute Kontakte der Gemeinde in die Botschaft, kam auch das Vikarsehepaar zu diesen Ehren. Um es kurz zusammenzufassen: es war richtig edel. Die Residenz der Botschaft besteht aus einer großen Parkanlage mit See, vielen Bäumen und einer beeindruckenden Terrasse. Phantastisch ist der Blick, den man von dem erhöht liegenden Residenzgebäude hat. Etwa 2000 Leute waren zu diesem Anlass geladen. Als "Stargäste" waren einige Medalliengewinner aus Peking eingeladen.
Überall auf dem Gelände waren kleine Tische aufgebaut, die deutsche Spezialitäten bereit hielten. Daß der Wein und das Bier natürlich aus Deutschland und erstklassig waren, braucht hier nicht weiter erwähnt werden. Erwähnt werden kann, daß wir hier auf Tritt und Schritt wichtigen Menschen begegnet sind. Zu uns gesellte sich beim Essen eine quirlige ältere Dame, die sich als Germanistikprofessorin und frühere Präsidentin der Amerikanischen Goethe-Gesellschaft herausstellte. Beim Stand vor dem Würstchengrill kamen wir dann mit dem stellvertretenden Botschafter Österreichs ins Gespräch, der auch prompt ein Photo von uns beiden machte.
Jochens Mentor wollte uns dann auch noch Klaus-Peter Siegloch vom ZDF vorstellen, jedoch klingelte dann das Telefon mit der Babysitterin und einer schreienden Sophia im Hintergrund. Trotz der deswegen etwas verfrühten Abfahrt haben wir den sehr interessanten Abend (zu zweit!) sehr genossen.